Velociraptor, der glorifizierte Truthahn

Velociraptor - Film und echt
Bilder von screeninvasion.com und Matt Martyniuk – image from http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Velociraptor_dinoguy2.jpg

Diesen Sommer kommt Jurassic World in die Kinos. Ein guter Grund, um zurückzuschauen und ein bisschen die Wissenschaft hinter dem ersten Jurassic Park-Film zu beleuchten.

Jurrasic ist das englische Wort für Jura, ein Erdzeitalter in dem viele Dinosaurier lebten, zum Beispiel der Allosaurus, ein großer Raubsaurier, oder Brachiosaurus, der langhälsige Pflanzenfresser. Auch Archaeopteryx, der sogenannte Urvogel, lebte im Jura. Die Stars des Jurassic Park aber, T-Rex und Velociraptor lebten natürlich… nicht im Jura. Sondern in der Kreide. Da müsste der Film jetzt eigentlich „Cretaceous Park” heißen (Cretaceous ist das englische Wort für das Kreide-Zeitalter). Tut er leider nicht, spricht sich ja auch nicht so schön (man spricht es ungefähr so: Kri-täi-schus). Da bin ich schon ein bisschen enttäuscht. Film: 0 Punkte, Wissenschaft: 1 Punkt.

Velociraptoren, die Publikumslieblinge im Film, werden als mannshohe schuppige Monster mit Killerklauen dargestellt, mit denen sie ihre Beute der Länge nach aufreißen. 2005 drehte die britische BBC eine Doku zum Thema „Killersaurier“, in der sie die Fähigkeit dieser Klauen testeten, die Haut eines Schweins aufzuschneiden. Das klappte wirklich überhaupt nicht. Inzwischen vermuten Paläontologen, dass die Klauen verwendet wurden, um wichtige Blutgefäße anzustechen und das Opfer damit verbluten zu lassen. Zur Jagdtechnik gibt es auch einige neue Erkenntisse: Es stimmt wahrscheinlich, dass Velociraptoren zu mehreren jagten. Und sie sprangen ihre Opfer auch an, wie es im Film teilweise gezeigt wird. Der Zweck dieses Manövers war wahrscheinlich, sich schlicht auf die Beute draufzusetzen und sie damit in die Knie zu zwingen. Auf einem um sein Leben kämpfendes Tier zu sitzen ist allerdings nicht besonders gemütlich und erfordert gute Balance. Da sind lange Klauen zum festhalten ganz praktisch. Und seine gefiederten Arme nutze Velociraptor wohl ebenfalls zum Balancieren in solchen Situationen. Jawoll, er hatte Federn. 2007 wurden an einem Fossil aus Mongolien Federansätze an den Armen von Velociraptor gefunden. An Fossilien anderer Dinosaurier konnten größere Mengen Keratin nachgewiesen werden, dem Hauptbaustoff von Federn. Inzwischen weiß man von vielen Dinosaurierspezies, dass sie Federn hatten. Auch der gigantische zweibeinige Deinocherus gehört dazu, er konnte bis zu 11 m groß werden. In dem Bereich hat Velociraptor übrigens nicht viel vorzuweisen. Er würde einem Menschen nur etwa bis zum Knie reichen. Also, mannshohes, schuppiges, Beute-aufreißendes Untier gegen gefiederte truthahngroße Echse, die anscheinend auch mal gerne auf vier Beinen lief. Film: 0 Punkte, Wissenschaft: 2 Punkte.

Und zuletzt geht’s ans Eingemachte: Wäre es überhaupt möglich, Dinosaurier aus dem Blut im Bauch von Urzeitinsekten wieder zum Leben zu erwecken? Ähm, nein. Sorry. Saurier-DNA, die Erbsubstanz, die die dafür nötigen Informationen enthielte, ist zwar vielleicht tatsächlich in einigen Mückenmägen erhalten geblieben. Aber wenn überhaupt, dann nur in winzigen Stücken, die auf keinen Fall ausreichen würden, einen funktionierenden Organismus zu klonen. Selbst dann nicht, wenn man die Lücken mit Frosch-DNA füllt, wie im Film geschehen. Das ist überhaupt der größte Quatsch. Frösche sind Amphibien, mit einer dünnen Haut voller Sekretdrüsen zum Feuchthalten. Außerdem haben Frösche keine Rippen. Dinosaurier sind Reptilien, deren Haut von Schuppen bedeckt ist. Und Rippen haben sie auch. Warum würde man die Erbinformation eine Reptils mit der eines Amphibiums ergänzen? Warum denn bitteschön nicht mit der einer Schildkröte, eines Krokodils, eines Geckos? Alles Reptilien! Das ist so haarsträubend, dass es einen Minuspunkt gibt. Film: -1 Punkt, Wissenschaft: 3 Punkte. Hätten wir das auch geklärt.

Ich werde den Film natürlich trotzdem sehen. Dino-Action! Das lasse ich mir nicht entgehen.

Killerkartoffeln!

http://www.zin.ru/animalia/coleoptera/eng/lepdecl1.htm
Larven des Kartoffelkäfers Leptinotarsa decemlineata. Foto: Dr. Sci. A.G. Kirejtshuk

Wenn morgen alle Erdenbürger beschließen, europäische Essgewohnheiten anzunehmen, haben wir unseren Planeten in zwei, drei Monaten kahlgefressen und können uns alle die Kugel geben. Das ist natürlich eine drastische und noch dazu unrealistische Prognose, denn das wird nicht morgen passieren. Sondern schleichend innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Vielleicht halten wir es auch noch ein bisschen länger aus, aber dieser Planet kann uns definitiv nicht alle ernähren. Wir müssten viel weniger Fleisch essen und damit klarkommen, dass Supermärkte nicht alles in Hülle und Fülle anbieten, sondern die Regale abends leer sind, weil nur so viel angeboten wird, wie tatsächlich konsumiert werden kann. Und vor allem müssen wir uns von der Idee verabschieden, keine genmanipulierte Nahrung zu uns nehmen zu wollen. Wenn die Weltbevölkerung weiter wächst – und das wird sie allem Anschein nach – und die Welt sich fortschreitend industrialisiert, MÜSSEN wir Pflanzen anbauen, die uns besser ernähren können: Mehr Erträge auf kleinerer Fläche, eingebaute Schädlingsresistenzen, etc. Beim Thema genmanipuliertes Gemüse heißt es dann „Friss oder stirb“ – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Aber alle sind dagegen, und zwar total.

Das Problem ist in meinen Augen, dass viele Leute gar nicht wissen, was „genmanipuliert“ bedeutet. Das Wort hat in den letzten Jahren einen extrem negativen Ruf bekommen, vor allem durch einseitige Medienberichte und politische Propaganda. Jawoll, ich nenne das Propaganda. Also jetzt mal ganz von vorne, ohne politische Absichten: Was ist Genmanipulation?

Erstens: Gene sind nicht böse. Und ein Bioladen, der sich als „Genfreie Zone“ bezeichnet, dürfte eigentlich nur Steine verkaufen (in jedem Falle müssten den Besitzern solcher Läden wegen gefährlicher Dummheit sofort die Lizenz zum Verkauf von Lebensmitteln entzogen werden). Gene kommen nämlich in allen Lebewesen vor. Sie liegen auf unserer Erbinformation, der DNA, und jedes von ihnen ist eine Art Bauanleitung für einen Eiweißstoff in unserem Körper. Das Keratin unserer Haare und Fingernägel ist so ein Eiweißstoff, ebenso die Enzyme in unserem Magen, die unser Essen verdauen. Damit unser Körper (und der jedes anderen Lebewesens) weiß, wie genau jeder Eiweißstoff aussehen muss, damit er richtig arbeiten kann, muss es irgendwo einen Bauplan dafür geben. Und dieser Bauplan ist eben ein Gen. Gene bestimmen also, wie wir aussehen und wie all unsere Zellen und Organe arbeiten. Fazit: Ohne Gene kein Leben.

Manche Lebewesen haben Gene, die ihnen besondere Eigenschaften geben – einige Meerestiere können z.B. im Dunkeln leuchten, weil sie ein Gen haben, das den Bauplan ist für einen leuchtenden Eiweißstoff enthält. Einige Pflanzen wiederum sind naturgemäß resistent gegen bestimmte Stoffe im Boden, die für andere Pflanzen giftig sind.

„Genmanipulation“ bedeutet nun, dass man Gene in einem Lebewesen gezielt verändert. Man kann bestimmte Gene aus anderen Lebewesen einfügen oder Gene löschen. Man kann auch verändern, wann und wo der Bauplan des Gens abgelesen wird und damit beeinflussen, wie viel von einem bestimmten Eiweißstoff produziert wird. Damit kann man beispielsweise Pflanzen gegen Schädlinge resistent machen oder die Erträge pro Hektar vergrößern.

Einen bedeutenden Vorstoß im Bereich der Schädlingsresistenz haben Wissenschaftler um Ralph Bock am Max Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam gemacht. Ihnen gelang es, Kartoffelpflanzen eine genetische Resistenz gegen ihren ärgsten Feind, den Kartoffelkäfer zu verleihen. Der stammt aus den USA und wurde im 19. Jahrhundert nach Europa eingeschleppt. Da er hier nicht beheimatet war, gab es auch keine Fressfeinde. So konnte er schnell zur Plage werden und vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts erhebliche Anteile der Kartoffelbestände vernichten. Man bekämpfte ihn mit Arsen (fies giftig für Menschen) und später dem berühmt-berüchtigten DDT und anderen Insektiziden. Das Problem dabei ist, dass Insektizide alle Insekten abtöten, auch wichtige Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge. Zum anderen entwickelt der Kartoffelkäfer ungewöhnlich schnell Resistenzen gegen solche Bekämpfungsmittel, sodass diese schon nach einigen Jahren ihre Wirksamkeit verlieren. Dann muss man entweder mehr sprühen oder etwas Neues finden.

Ganz andere Wege ohne Chemikalien haben nun also Ralph Bock und seine Kollegen gefunden: Sie gaben der Kartoffelpflanze ein Gen, dass Bauplan für etwas Besonderes ist: Keinen Eiweißstoff, sondern eine RNA. RNA ist ein Molekül, das andere Gene beeinflussen kann. Eine spezifische RNA sorgt dafür, dass ein ganz bestimmtes Gen ausgeschaltet wird und damit der Eiweißstoff von diesem Gen nicht mehr produziert werden kann. Die Kartoffelpflanze produziert nun also diese RNA, die dann vom Käfer gefressen wird. Wenn dann die RNA in die Zellen des Käfers gelangt, kann sie dort ein Gen ausschalten, das für den Käfer überlebenswichtig ist. Und, tadaa, Käfer tot, Problem gelöst. Ohne giftige Chemikalien. Jetzt kommt natürlich der Aufschrei: Aber was, wenn diese RNA auch im Menschen ein Gen stört? Keine Angst, liebe Leute, auch daran wurde gedacht: diese RNA wird nur in den Blättern der Kartoffelpflanze produziert. Die essen wir überhaupt nicht, der Käfer jedoch frisst nur die.

Mir persönlich gibt das Hoffnung. Und dieses ist nur eines der Beispiele, wie klug geplante Genmanipulation uns helfen kann, die Welt in Zukunft ernähren zu können, ohne dabei die Umwelt zu zerstören. Es ist wirklich ein Jammer, dass einige große Agrarfirmen mit aggressiven Vermarktungsstrategien einem so wichtigen Wissenschaftszweig einen schlechten Ruf verpassen. Ich kann dazu nur sagen: Informiert euch! Verteufelt nicht alles, nur weil das Wort „Gen“ darin vorkommt! Wisst, worüber ihr sprecht! Wir wollen alle Menschen ernähren. Wir wollen keine Gifte auf die Felder sprühen. Aber gegen die einzige verfügbare Lösung gehen wir ebenso auf die Straße wie in den Siebzigern gegen DDT? Das ist nicht logisch, Leute. Gentechnik ist nicht per se schlecht, sie kann sogar extrem gut sein. Es liegt immer daran, wie wir sie einsetzen. Lasst euch nicht blind machen von Umweltschützerverbänden, die mit inhaltslosen Parolen Sand in die Augen des Verbrauchers streuen. Wenn ihr euch stark machen wollt, dann für einen wirtschaftlich und moralisch sinnvollen Einsatz von Gentechnik, denn sie kann uns unglaublich helfen.

Wie die Nase eines Mannes…

http://news.sciencemag.org/biology/2015/03/how-big-average-penis
Andrey Popov/ Shutterstock

Wie groß ist ein „normaler“ Penis? Diese Frage, die Frauen vielleicht zum Kichern bringt und die eine oder andere Erinnerung weckt, kann bei Männern schon mal Unbehagen auslösen. Ist ER zu kurz? Zu dünn? Doch man darf aufatmen, liebe Männer: Eine Studie in der wissenschaftlichen Zeitschrift BJU International räumt auf mit überzogenen Vorstellungen und unrealistischen Erwartungen an die eigene Männlichkeit. David Veale und seine Kollegen aus London haben Daten aus 17 vorhergehenden Veröffentlichungen anderer Wissenschaftler zusammengetragen und so Messungen für Penislänge und –umfang von über 15.500 Männern erhalten. Die sorgfältige statistische Auswertung dieser Daten ergab, dass ein durchschnittlicher schlaffer Penis 9,16 cm lang ist; das erigierte Pendant bringt es auf 13,12 cm bei einem Umfang von 11,66 cm. Von wegen zwanzig Zentimeter! Statistisch gesehen könnten aufgrund dieser Berechnung nur fünf von 100 Männern überhaupt eine Länge von mehr als 16 cm vorweisen (im erigierten Zustand), auch kürzer als 10 cm kommt sehr selten vor. Wer jetzt selbst Hand anlegen will: gemessen wird vom Hüftknochen (eventuell vorhandenes Fett ein bisschen wegdrücken) bis zur Spitze, Vorhaut zählt nicht mit! Der Umfang kann am Ansatz oder in der Mitte gemessen werden.
Gewappnet mit diesem Wissen kann man dem nächsten Schwanzvergleich entspannt entgegensehen.